DHG-Regionaltagung Berlin-Brandenburg am Samstag, dem 26.01.2013

Eisige Temperaturen herrschten an diesem Morgen, doch die DHG-Mitglieder unserer Region ließen sich davon nicht abschrecken. So füllte sich der gut beheizte Tagungsraum sehr schnell und es kamen weit mehr als die fünfzig Angemeldeten, so dass noch zusätzliche Stühle geholt werden mussten. Die meisten der Anwesenden kannten sich schon von vorherigen Veranstaltungen, doch gab es auch eine Reihe neuer Teilnehmer zu begrüßen. Nachdem die anwesenden Eltern ihre Kinder in die liebevolle Betreuung von Frau Böhm gegeben hatten, ging es los.

 

Klaus Poek begrüßte die DHG-Mitglieder und Gäste, unter ihnen auch zwei Abiturientinnen, die ihre Prüfungspräsentation zum Thema „Hämophilie bei Kindern“ vorbereiten und dazu am Rande der Tagung Interviews mit Eltern und Kindern führen wollten.

Die Anwesenden wurden gebeten sich auf einem Flipchart entweder für einen Frühjahr- oder Herbsttermin für das „2. Treffen der Generationen“ in Rheinsberg zu entscheiden.

 

Frau Dr. Holzhauer aus der Kinderklinik der Charité Campus Virchow-Klinikum begann mit ihrem Vortrag "Integrierte Versorgung für Kinder mit Hämophilie – Hand in Hand für eine bessere Betreuung"

Ziel einer integrierten Versorgung, wie sie die Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin aufbaut, ist die qualitätsgesicherte, sektoren- und fachübergreifende Betreuung von Kindern mit komplexen Krankheiten.

Im Sozialpädiatrischen Zentrum der Charité Berlin ist das Hämophilie- zentrum integriert.

Die Arbeit basiert auf der Grundlage medizinisch-wissenschaftlich begründeter Behandlung von Kindern mit chronischen Erkrankungen.

Merkmale sind die Inter- und Multidisziplinarität, die rehabilitative und sozialpsychologische Betreuung sowie die Zusammenarbeit verschiedener Ärzte. So arbeiten Hämophiliezentrum, Kinderorthopädie und weitere Fachrichtungen u. a. mit der Physiotherapie-Sprechstunde zusammen. Kinder und Eltern erhalten sozialpädagogische Beratung, beispielsweise zu Fragen der Schwerbehinderung, sowie psychologische Unterstützung.

Nicht immer ist diese Vernetzung von den Familien erkennbar. Aus diesem Grunde werden aktuell Familien zu dem befragt, was aus ihrer Sicht gut bzw. was nicht funktioniert. Des Weiteren wird die Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten entwickelt, um vor Ort Gespräche zum Gefährdungspotenzial hämophiler Kinder zu führen und Verunsicherung abzubauen.

Die Betreuung im Sozialpädiatrischen Zentrum stellt keine Verpflichtung für die Familien dar, ein Wechsel zu einem anderen Arzt ist jederzeit möglich.

 

OA Dr. Klamroth aus dem Vivantes-Klinikum Berlin-Friedrichshain setzte fort mit dem Thema Therapie der Hämophilie im Erwachsenenalter – regelmäßig oder nur bei Bedarf?

 

Was würden Sie tun, wenn Sie in der Badewanne ausrutschen, stürzen und unsanft auf dem Rand aufschlagen? – Natürlich substituieren, aber wie viele Einheiten und würde eine Dauerprophylaxe mögliche Blutungen einschränken? – Die „Gebote“ reichten von 2000 bis 5000 Einheiten. Letzte Antwort wäre im Beispielfall richtig gewesen, denn besser etwas mehr als zu wenig nach einem Unfall zu substituieren.

Wie substituiere ich aber richtig wenn kein konkreter Anlass vorliegt, als Dauerprophylaxe oder bei Bedarf? Eine kurze Abfrage bei den Teilnehmern ergab, dass der überwiegende Teil eher bei Bedarf substituiert.

 

Therapeutisches Ziel in der Hämophiliebehandlung ist die Reduzierung von Blutungen und die weitgehende Verhinderung von Spontan- blutungen, insbesondere in die Gelenke. Für Kinder hat sich die Dauerprophylaxe längst als sinnvoll erwiesen. Wie aber verhält es sich bei Erwachsenen? Bereits im Jahr 1968 wurde in Schweden nachgewiesen, dass ein Faktor-VIII-Spiegel im Blut von mehr als 1 % Spontanblutungen verhindert.

Da jeder Hämophile ein individuelles Blutungsverhalten zeigt, die Halbwertszeit beim Faktor VIII unterschiedlich ist und zusätzliche Faktoren, so auch Lebensalter und psychische Belastung, die Blutungsneigung beeinflussen, sollte, um einen angemessenen Substitutions- rhythmus zu finden, zum einen der Talspiegel (niedrigster Faktorspiegel vor einer Substitution) und zum anderen der Bergspiegel (höchster Faktorspiegel nach einer Substitution) bestimmt werden.

Die Hämophiliebehandlung im Erwachsenenalter ist stets eine individualisierte Therapie.

WHO und WFH empfehlen eine Dauerprophylaxe, die neben der Verringerung von Spontan- blutungen, insbesondere Gelenk- und intrazerebrale Blutungen, geringere Ausfallzeiten im Beruf auch auf Dauer geringere Kosten mit sich bringt.

Im fortgeschrittenen Alter steigt auch bei Hämophiliepatienten die Gefahr eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts infolge Arteriosklerose. Bei zu großen Substitutionsintervallen steigt zudem das Risiko einer Hemmkörperbildung, da der Faktor VIII dann als Fremdkörper angesehen wird.

Alles in allem sprechen viele Vorteile für eine Dauerprophylaxe. Anhand eines mitgebrachten PC-Programms wurden einige Beispiele durchkonstruiert. Im Anschluss konnten sich die Teilnehmer individuell berechnen lassen, ob ihre Substitutionshäufigkeit angemessen ist die Blutungsneigung zu reduzieren. Dieses Angebot wurde rege genutzt.

 

Auch die Kinder waren während der Vorträge im Nebenraum sehr beschäftigt mit Basteln und Geschichten hören. Mutti und Vati wurden keineswegs vermisst.

Inzwischen war das Mittagsbüfett vorbereitet, die Mittagspause wurde eingeläutet und für einen regen Gedankenaustausch genutzt.

 

Aus Wuppertal war Frau Runkel angereist und stellte ihre neue Studie Hämophilie in Bewegung - Sporttherapie für Patienten mit Hämophilie vor.

Warum sollten Hämophile überhaupt Sport treiben? – So lautete die Eingangsfrage.

Ein durch Therapeuten geführtes Sporttreiben ist empfehlenswert, da es neben der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit auch die Schmerzstärke zu verringern vermag.

Die programmierte Sporttherapie, wie sie die Bergische Universität Wuppertal anbietet, stellt eine Kombination von angeleitetem Training in Gruppen, dem selbstständigen Training zu Hause und regelmäßigen Patientenschulung dar.

Therapieschwerpunkte sind:

  • Schulung der Körperwahrnehmung
  • Mobilisationstechniken
  • Sanftes Kraft- und Koordinationstraining
  • Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems
  • Tonus regulierende Maßnahmen

Entsprechende Übungen wurden, um gleichzeitig auch der Mittags- müdigkeit entgegenzuwirken, mit den Anwesenden ausprobiert.

An ein sporttherapeutisches Training, welches in Bad Blankenburg bisher angeboten wird, schließt sich ein sechsmonatiges Krafttraining an Geräten in einem wohnortnahen Gesundheitsstudio an. Vor Beginn, direkt danach und sechs Monate später ist eine Diagnostik vorgesehen, die u. a. Kraftmessung an verschiedenen Muskelgruppen, Koordinationstests, Beweglichkeitsuntersuchungen, Erhebung des aktuellen Gelenkstatus, Testung der Gehfähigkeit sowie die Beantwortung ausführlicher Fragebögen umfasst.

Start der Studie sind einmal April 2013 sowie nochmals April 2014.

Die Teilnahme ist kostenfrei, das Training individuell angepasst, in den Alltag integriert und sporttherapeutisch begleitet.

Teilnehmen können Hämophiliepatienten im Alter von 16 bis 75 Jahren, ausgeschlossen von der Teilnahme sind allerdings Hämophile, die schon vor der Studie regelmäßig im Fitness-Studio trainieren, die unter organischen oder entzündlichen Krankheiten leiden, welche ein körperliches Training ausschließen, sowie Patienten mit ungenügendem Trainingsengagement.

 

Da in der Vergangenheit mehrfach gewünscht wurde, einen Beitrag zum Thema Reisen anzubieten, hatte sich Arne Schumann bereit erklärt, aus seinem reichen Erfahrungsschatz heraus über Reisen mit Hämophilie zu berichten.

Bei Reisen nach Australien, Kuba, die Vereinigten Staaten und Neuseeland konnten unterschiedliche Erfahrungen gewonnen und im Vortrag beschrieben werden.

Bei einen längeren Aufenthalt im Ausland ist eine gute Vorbereitung auf eine Reise Unumgänglich.

Zunächst sollten sich die Reiselustigen über Behandlungs- möglichkeiten am Reiseziel erkundigen. Hinweise zu Ansprechpartnern im gewünschten Land findet man auf der Internetseite der WFH. Oftmals kann auch der behandelnde Arzt Auskünfte geben, ob und wo sich ein Hämophiliezentrum befindet.

Zumindest sollte das zu bereisende Land über eine gute gesundheitliche Grundversorgung verfügen, andernfalls wäre von einer Reise dorthin abzuraten.

Auf jeden Fall ist vor der Reise mit der Krankenkasse zu klären, inwieweit eine Auslandsreiseversicherung abgeschlossen werden kann und wie im Notfall der Rücktransport finanziell abgesichert ist.

Um Verzögerungen oder anderweitige Unannehmlichkeiten bei der Einreise im Hinblick auf die mitgeführten Faktorenkonzentrate zu vermeiden ist es wichtig die Zollbescheinigung exakt auszufüllen. Kühlmöglichkeiten für den Faktor sollten vorbedacht werden, wenn mit hohen Temperaturen im Reiseland zu rechnen ist. Für unterwegs erweist sich da schon eine Thermoskanne als effektiv. Da aber die heutigen Faktorenkonzentrate nicht mehr so hitzeempfindlich sind, kann oftmals schon auf eine Kühlung verzichtet werden.

Verwiesen wurde auf das Sonderheft der DHG „Hämophilie und Reisen“, welches wichtige Hinweise enthält.

 

Klaus Poek, Marcus Smolarek und Steffen Hartwig berichteten nun aus der Arbeit von Vertrauensrat, Vorstand und Jugendrat.

 

Steffen Hartwig erläuterte kurz die Überarbeitung der DHG-Homepage und informierte über die geplanten Vorhaben der Jugendgruppe Berlin-Brandenburg, insbesondere über die Veranstaltung im Tropical Island am zweiten Märzwochenende.

 

Klaus Poek setzte mit seinem Bericht über die Vertrauensratssitzung Anfang November 2012 in Fulda fort. Nachdem Andreas Mothes als Vorsitzender zurückgetreten war, ist nunmehr bis zur Neuwahl Georg Menzel trotz bislang nicht ausgeräumter Bedenken in Bezug auf die Satzungskonformität Vertrauensratsvorsitzender.

Über die gemeinsame Sitzung von Vorstand und Vertrauensrat konnte in Ermangelung des noch immer nicht vorliegenden Protokolls nur aus dem Gedächtnis heraus informiert werden.

Im Blick auf eine HCV-Entschädigungsregelung gab es im vergangenen Jahr keine greifbaren Ergebnisse. Die Unterschriftsliste ist umfangreich geworden, - über 5.000 Unterschriften. Was damit geschehen soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Kontakte zur Politik waren bislang erfolglos. Lediglich die Linken haben sich der Thematik angenommen – was aus Sicht des Referenten eher kontraproduktiv, wenn nicht gar schädlich ist.

Überaus bedenklich erscheint die spekulative Anlage eines Geldbetrages in Höhe von 100.000 Euro aus der Rücklage der DHG, welche auf Betreiben des Vorstandsvorsitzenden und des Schatzmeisters vorgenommen worden ist. Dieses Verfahren mag ja rechtlich nicht zu beanstanden sein, ist aber im höchsten Maße moralisch bedenklich. Es dürfte wohl kaum im Sinne von Einzelspendern, der öffentlichen Hand und Firmen sein, dass mit den Geldern, die sie für die Arbeit der DHG gespendet haben, spekuliert wird, zumal die Geldanlage nicht dem Einlagensicherungsfonds unterliegt.

 

Am 3. November 2013 findet in Fulda die Mitgliederversammlung mit Vorstandswahlen statt – alle Mitglieder sind dazu herzlich eingeladen. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass bei der Stimmübertragung zur Wahrnehmung des Stimm- und Wahlrechts auf eine korrekte Ausfüllung der Vollmacht zu achten ist.

Seitens der anwesenden Mitglieder wurde das seit langem bestehende und inzwischen überholt erscheinende Wahlverfahren angefragt und diskutiert. Mehrheitlich sprachen sich die Anwesenden für eine Änderung des bestehenden Wahlrechts dahingehend aus, dass nur eine Stimme je Mitglied abgegeben werden sollte.

 

Vorgestellt wurden nun noch die nächsten Vorhaben in unserer Region.

Die diesjährige Dampferfahrt für Mitglieder der Region Berlin-Brandenburg ist für Sonntag, den 25. August 2013, geplant. Die nächste Regionaltagung wird am Samstag, dem 25. Januar 2014, wieder im Evangelischen Krankenhaus Herzberge stattfinden.

Das zweite „Treffen der Generationen“ soll nach Mehrheits- entscheid, welcher deutlich auf dem Flipchart abgebildet war, voraussichtlich vom 16. bis 18. Mai 2014 in Rheinsberg durchgeführt werden. Klaus Poek wird dazu die erforderlichen Kontakte aufnehmen und die Mitglieder rechtzeitig informieren.

 

Abschließend dankte Klaus Poek den Anwesenden für ihr Kommen und wünschte ihnen für das Jahr 2013 Gesundheit und alles erdenklich Gute sowie eine gute Heimreise.

 

Brigitte Poek

 

Seite drucken

Aktuelles

Kickern - aber so richtig!
Berlin sucht Nachwuchs- spielerinnen und -spieler für Tischfußball-Bundesligateam
Ausbildung im Jugend- leistungszentrum durch amtierende Weltmeister in Berlin-Mitte kostenfrei