DHG-Regionaltagung Berlin-Brandenburg am Samstag, dem 25.01.2014
Der Winter hatte lange auf sich warten lassen, doch pünktlich zur Regionaltagung war er – wie in beinahe jedem Jahr – mit strengem Frost und glatten Straßen da. Die DHG-Mitglieder der Region ließen sich aber nicht davon abschrecken und wärmten sich zunächst mit heißem Kaffee oder Tee auf, um dann dem angekündigten Programm zu folgen.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer, Gäste und Referenten durch Klaus Poek sowie den Hinweis auf die gemäß Satzung der DHG anstehende Wahl des Vertrauensmitglieds und des Stellvertreters begann Herr OA Dr. Klamroth aus dem Vivantes-Klinikum Berlin-Friedrichshain seinen Vortrag zu Altersbedingten Erkrankungen unter dem besonderen Aspekt der Hämophilie.
Die Lebenserwartung Hämophiler ist deutlich angestiegen und entspricht bei heute Geborenen nahezu der gesunder Menschen.
Neben der langfristig ungünstigen Entwicklung von Gelenkschädigungen und Arthrosen, insbesondere bei Knie- und Sprunggelenken, erkranken Hämophile infolge der höheren Lebenserwartung auch an den typischen Alterserkrankungen wie
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Arteriosklerose
- Krebserkrankungen
- Demenzformen
Zunächst ist es für Hämophile in erster Linie wichtig, Gelenkblutungen und deren Folgeschäden durch regelmäßige Prophylaxe zu vermeiden.
Bei schwer geschädigten Gelenken ist es heute aber durchaus möglich, einen erforderlich gewordenen Gelenkersatz zwei- bis dreimal zu erneuern.
Des Weiteren spielen chronische Infektionen wie HIV und Hepatitis C, gerade bei den Hämophiliepatienten, die vor 1986 geboren wurden, eine bedeutende Rolle.
HIV ist inzwischen aufgrund der immer besseren Möglichkeiten gut therapierbar. Hepatitis C als chronische Krankheit mit schleichender Progredienz führt bei 20 bis 30 % der Infizierten zu einer Leberzirrhose. Ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko, an einer Leberzirrhose und einem hepatozellulären Leberkarzinom zu erkranken. Diagnostisch können mit einem Fibroscan der Leber konkretere Aussagen über den Fibrosegead der Leber getroffen werden. In Kürze stehen neben Therapien mit Interferon und Ribavirin Therapien mit einer deutlichen Verkürzung der Therapiedauer und einer Heilungsrate von 90 bis 98 % zur Verfügung. Jedoch ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung eine weitere Überwachung mit regelmäßigen Kontrollen der Leberparameter notwendig.
Bei Hämophilen, die das 50. Lebensjahr überschritten haben, spielen nun zunehmend auch die sogenannten Alterserkrankungen eine Rolle.
Fast die Hälfte der Hämophilen entwickelt einen Bluthochdruck. Dieser stellt einen Risikofaktor für Hirnblutungen (Schlaganfall) und für Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) dar.
Ursächlich lassen sich u. a. chronischer Bewegungsmangel und die langfristige Einnahme von Diclophenac und Iboprofen als Schmerzmedikamente mit entzündungshemmender Wirkung für den erhöhten Blutdruck verantwortlich machen.
Die langjährige Annahme, eine Hämophilie schütze vor Gefäßverkalkung und Schlaganfall, hat sich inzwischen als Irrtum erwiesen. Auch bei Hämophilen sind die Risikofaktoren wie in der „Normalpopulation“ identisch: Bluthochdruck, Bewegungsmangel, Übergewicht, Diabetes, Nikotin, erhöhte Cholesterinwerte.
Daher ist es neben der Behandlung der Hämophilie ebenso wichtig, regelmäßig zum Gesundheits-Checkup den Hausarzt aufzusuchen. Nur er kann Erkrankungen, die aus den genannten Risikofaktoren resultieren, frühzeitig erkennen und behandeln. Für den Patienten bedeutet das, dass er seinen bisherigen gewohnten Lebensstil grundlegend verändern muss, also: sich regelmäßig bewegen, sich gesund ernähren, möglichst auch den Alkoholkonsum einschränken und mit dem Rauchen aufhören.
Nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen an zweiter Stelle der Erkrankungen mit tödlichem Ausgang in Deutschland die Krebs- erkrankungen. Auch Hämophile sollten daher regelmäßig die Möglichkeiten der Krebs- vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, - also: den Urologen aufsuchen und Darmspiegelungen vornehmen lassen.
Bei körperlichen Veränderungen wie z. B. unbegründeter Gewichtsverlust, nächtliche Schweißausbrüche, ungewohnte Mattigkeit oder bei unüblichen Schmerzzuständen sollte unbedingt der Hausarzt zwecks Abklärung aufgesucht werden.
Im Hinblick auf die Entwicklung demenzieller Erkrankungen bei Hämophilen muss perspektivisch die Problematik der Faktorensubstitution geregelt werden. Im Fall der Pflegebedürftigkeit sowohl beim Verbleib in der eigenen Wohnung als auch bei Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung ist es z. Z. nicht bzw. nur eingeschränkt möglich, durch das Pflegepersonal bedarfsgerecht zu substituieren. Hier ist der Ärztliche Beirat aufgefordert, Strategien zur Absicherung der Faktorensubstitution zu entwickeln.
In einem weiteren kurzen Beitrag gab Dr. Klamroth einige wichtige Hinweise zur Substitution bei Zahnextraktionen und ambulanten Eingriffen.
Viele Patienten sind im Vorfeld einer ambulanten Operation oder einer notwendigen Zahnextraktion unsicher, wie sie vor und nach einem solchen Eingriff substituieren sollen.
Vor Eingriffen solcher Art sollten sich Hämophiliepatienten bewusst machen, dass
- 1 IE Faktor VIII /kg Körpergewicht den Spiegel um 2 % hebt (HWZ 8 – 12 Stunden)
- 1 IE Faktor IX / kg Köpergewicht den Spiegel um 1 % hebt (HWZ 12 – 24. Stunden)
Der Spiegel muss vor dem Eingriff höher als 50 % sein.
Somit sollte im Regelfall erst am Vortag des Eingriffs mit der Substitution begonnen werden. Nach dem Eingriff ist weiter zu substituieren, nach Zahnextraktionen sollte zusätzlich für 3 bis 5 Tage PAMBA eingenommen werden.
Bei Unsicherheiten rät er unbedingt vorher im Behandlungszentrum nachzufragen.
Bedenkenswert ist weiterhin, dass durch Stress, den ein operativer Eingriff ja zumeist auslöst, der Faktor VIII schneller abgebaut wird. Interessanterweise ist zu beobachten, dass im Alter der Faktor-VIII-Spiegel ansteigt und demzufolge der Bedarf abnimmt.
In zwei Schritten fanden nun die Wahl des Vertrauensmitglieds und des Stellvertreters für die nächsten drei Jahre statt.
In geheimer Abstimmung wurden gewählt:
- Zum Vertrauensmitglied:
Klaus Poek (Berlin) mit 29 von 29 möglichen Stimmen - Zum stellvertretenden Vertrauensmitglied:
Olaf Krüger (Brandenburg) mit 19 von 30 möglichen Stimmen
Marcus Smolarek (Berlin), der auch für den Stellvertreter kandidierte, erhielt 11 von 30 Stimmen.
Klaus Poek dankte Marcus Smolarek für die geleistete Arbeit als bisheriges stellvertretendes Vertrauensmitglied.
Zwischen den beiden Wahlgängen berichtete Stephanie Brandt, Sprecherin der Eltern-Kind-Gruppe, über das Eltern-Kind-Wochenende am 05./06. Oktober 2013 in Erkner
Trotz geringerer Beteiligung als erhofft, was vielleicht auch an den Herbstferien in Berlin und Brandenburg gelegen haben mag, kam es in der Gruppe zu einem sehr intensiven Gedankenaustausch. Es wurde eine große Bandbreite von Themen besprochen, so z. B. Erleben von Schmerzen und Angst in Bezug auf das Spritzen, Cool-Sein, wenn es um Fußballspielen geht, Berufswahl und Studium, Hemmkörper-Reaktionen. Auch die Betrachtung der Hämophilie als Krankheit oder eben nur einer „Besonderheit“, die eine gute Lebens- qualität ermöglicht, nahm Raum bei den Gesprächen ein. Während die Kinder profes- sionell betreut wurden, hatten die Eltern die Möglichkeit, im geschützten Rahmen Fragen zu stellen. Dabei schätzten sie die offene Atmosphäre sowie den hohen Informationsgrad der Veranstaltung.
Die Eltern-Kind-Gruppe wird sich nach der Auftaktveranstaltung regelmäßig zwei Mal im Jahr treffen.
Die nächsten Termine sind:
- 29. März 2014
- 12.Oktober 2014
Dabei wird es sich jeweils um Tagesveranstaltungen handeln.
Neben medizinischen Informationen soll auch ausreichend Gelegenheit zum „unsortierten Austausch“ gegeben werden. Frau Brandt wird dazu alle bekannten Eltern und Kinder einladen. Neue Betroffene sind herzlich eingeladen dazu zu kommen.
Ziel ist eine Vernetzung betroffener Kinder und Eltern untereinander sowie von Kindern und Erwachsenen.
Da in diesem Jahr eine Reihe von Eltern mit ihren Kindern am „Treffen der Generationen“ vom 16. bis 18. Mai 2014 in Rheinsberg teilnehmen wird, soll es die nächste Wochenend- veranstaltung erst im Jahr 2015 geben.
Nun war es aber allerhöchste Zeit für die Mittagspause. Das Büfett bot für jeden Geschmack etwas und neben dem Essen wurde die Zeit von den Anwesenden reichlich für Gespräche genutzt.
Klaus Poek gab aktuelle Informationen zum „Treffen der Generationen“ vom 16. bis 18. Mai 2014 in Rheinsberg.
Die verfügbaren Plätze waren zum 25. Januar nahezu belegt. Angemeldet sind 52 Erwachsene und 18 Kinder. Die Angemeldeten, die ihre Teilnehmerbeiträge noch nicht bezahlt hatten, wurden gebeten, dies schnellstmöglich nachzuholen.
Für „Nachzügler“, die gern noch teilnehmen möchten, räumte er eine Frist bis Monatsende ein. Mitte Februar werden die detaillierten Absprachen mit dem Hotelmanagement vor Ort erfolgen.
Es folgte ein Bericht über die Mitgliederversammlung der DHG am 03.11.2013 in Fulda.
Zunächst stellt Klaus Poek das Ergebnis der Vorstandswahlen vor. Als Vorsitzender des Vorstands wurde Werner Kalnins mit großer Mehrheit wiedergewählt. Er hatte angekündigt, letztmalig für den Vorstandsvorsitz kandidiert zu haben. Sein erklärtes Ziel für die kommenden drei Jahre sei es, die Bemühungen um eine HCV-Entschädigungsregelung noch zum Erfolg zu führen.
In den engeren Vorstand wurden Björn Drebing und Dr. Wolfgang Voerkel gewählt.
Die Wahl der Rechnungsprüfer der Jahresabrechnung der DHG endete mit einer pikanten Personalie, die wohl den meisten Mitgliedern bei der Stimmabgabe nicht klar war. Gewählt wurde nämlich u. a. die Lebensgefährtin des Vorsitzenden des Vorstandes, Annegret Pock. Dies mag zwar rechtlich nicht zu beanstanden sein, es hat aber zu mindestens einen unangenehmen Beigeschmack, vor allen Dingen wenn man bedenkt, dass die Rechnungsprüfer die Ausgaben des Vorstandes prüfen und auf der Basis ihres Berichtes in der Regel die Entlastung des Vorstandes erfolgt.
Marcus Smolarek berichtete über die Wahl zum Ärztlichen Beirat. und über die Abstimmungsergebnisse zu den Satzungsänderungsanträgen. Zum Vorsitzenden des ärztlichen Beirates wurde Dr. Mondorf aus Frankfurt/Main gewählt. Bei den Abstimmungen zu den Satzungsänderungen nach der Mittagspause fehlten bereits etliche Mitglieder, so dass nur noch ein Teil der vormals Anwesenden an der Abstimmung teilnahm.
Der Satzungsänderungsantrag zur Begrenzung der Übertragung von Stimmrechten auf maximal drei Vollmachten je teilnehmendem Mitglied an der Mitgliederversammlung wurde, wie nicht anders zu erwarten war, insbesondere von denen abgelehnt, die im Vorfeld eifrig Stimmkarten gesammelt hatten.
Das Verfahren zur Übertragung von maximal fünf Stimmkarten war sicher in den Anfangsjahren der DHG, in der das Leben der meisten Mitglieder von erheblichen Mobilitätseinschränkungen geprägt war, gerechtfertigt. Es drängt sich jedoch mittlerweile der Verdacht auf, dass mit diesem Verfahren der Manipulation von Wahlergebnissen und Entscheidungen der Mitgliederversammlung Tür und Tor geöffnet wird.
In der nachfolgenden Diskussion wurde von den Anwesenden mehrfach Bedauern und Unverständnis sowohl über die „Personalie“ bei der Wahl der Rechnungsprüfer und das Abstimmungsergebnis zum Satzungsänderungsantrag geäußert.
Auf der Mitgliederversammlung wurde auch über den aktuellen Stand der Bemühungen um Zustiftungen zur Stiftung „Humanitäre Hilfe“ für die HIV-infizierten Hämophilen und deren mögliche Schließung bis 2017 berichtet. Klaus Poek forderte die Betroffenen auf, unbedingt den im Auftrag des Gesundheitsausschusses und des BMG erstellten Fragebogen zur persönlichen Lebenssituation auszufüllen und abzusenden. Der Fortbestand wird wesentlich von der Beteiligung der Betroffenen an der Befragung abhängen.
Gegen Ende der Tagung stellte Klaus Poek kurz die Vorhaben für 2014 / 2015 in der Region vor.
Geplant werden neben dem „Treffen der Generationen“ im Mai wiederum die inzwischen zur Tradition gewordene Dampferfahrt Ende August. Der Bowlingabend ist für November vorgesehen und die Regionaltagung soll Ende Januar 2015 an vertrautem Ort stattfinden.
Die terminliche Abstimmung wird auf dem Arbeitstreffen der Aktiven der Region im März 2014 erfolgen.
Abschließend dankte Klaus Poek den Anwesenden für ihr Kommen und wünschte ihnen für das Jahr 2014 Gesundheit und alles erdenklich Gute sowie eine gute Heimreise.
Klaus Poek